Zwischen Traumjob und Ausbeutung: Junge Juristen schlagen Alarm

by Eva Hoffmann
0 comments

Arbeiten am Limit für wenig Lohn

In Westschweizer Kanzleien schuften viele Juristen in Ausbildung zu miserablen Bedingungen. Julie, eine junge Praktikantin, berichtet: Sie verdient 2100 Franken netto – und das nach fünf Jahren Studium. Am zehnten jedes Monats hat sie bereits kein Geld mehr. Ihre Kanzlei profitiert von ihrer Arbeit, zahlt aber kaum. Überstunden? Weder erfasst noch kompensiert.

Auch Antoine, ein weiterer Praktikant, steht noch schlechter da. Er erhält monatlich nur 1500 Franken. Praktikanten kosten fast nichts, tragen aber allein die Verantwortung bei Fehlern. Der Staat und private Kanzleien teilen sich die Ausbildung. Zwar empfehlen kantonale Anwaltskammern Mindestlöhne, doch auch diese reichen kaum zum Leben. Prüfungen kosten zusätzlich bis zu 3000 Franken – meist unbezahlt vorbereitet.

Schlechte Betreuung statt fundierter Ausbildung

Mehrere Praktikanten kritisieren die fehlende fachliche Anleitung. Manche Ausbildner verfügen selbst über geringe juristische Kenntnisse. Pierre erzählt von einer Juristin, die im Ausland studiert hat und das Schweizer Recht kaum beherrschte. Dennoch unterrichtete sie. In einer anderen Kanzlei wurde er regelmäßig beleidigt. Sein Vorgesetzter beschimpfte ihn lautstark, sobald Akten nicht perfekt bearbeitet waren.

Auch Caroline wurde wiederholt öffentlich gedemütigt. Anwälte verspotteten sie vor versammelter Kanzlei. Ein Kollege äußerte mehrfach abwertende Bemerkungen über ihr Aussehen. Sie war nicht die Einzige, die unter diesem Verhalten litt.

Angst lähmt Veränderung

Viele junge Juristen schweigen aus Angst. Wer sich beschwert, gefährdet seine berufliche Zukunft. Antoine äußert sich nur anonym. Die Vorgesetzten seien einflussreich und könnten Bewerbungen sabotieren oder Konkurrenten bevorzugen. Einzelne Mitglieder der Anwaltskammern fordern zwar Reformen. Doch solange sich kaum jemand wehrt, bleiben Missstände unangetastet.

You may also like