Eskalation bei Ticketkontrolle
An einem frostigen Januar-Morgen kontrolliert eine Zugbegleiterin Fahrkarten. Ein Mann besitzt kein gültiges Ticket. Er widerspricht sofort und reagiert aggressiv. Der Streit dauert mehrere Minuten und spitzt sich zu. An der nächsten Haltestelle steigt der Mann aus, die Zugbegleiterin folgt ihm. Plötzlich entreißt er ihr das Ticket und beschimpft sie. Die Zugbegleiterin will zurück in den Zug, doch der Mann hält sie fest. Er zerrt sie gewaltsam aufs Perron. Zwei Kollegen greifen ein und stoppen den Angriff. Die Bundesanwaltschaft verurteilt den Mann wegen Gewalt, Drohung und Behinderung. Er erhält eine Busse von 240 Franken und eine bedingte Geldstrafe von 1200 Franken.
Tägliche Übergriffe im öffentlichen Verkehr
Der Vorfall ist kein Einzelfall. Innerhalb eines Monats verurteilte die Bundesanwaltschaft 20 Fahrgäste. Die Delikte reichen von Beleidigung bis zu körperlicher Gewalt. Täglich reisen 1,39 Millionen Menschen mit der Bahn. Im Schnitt gibt es zehn Vorfälle pro Tag. Das ergibt rund 3600 Zwischenfälle pro Jahr. Laut einer Sprecherin der Bahn erleben Mitarbeitende regelmäßig Beschimpfungen und Übergriffe. Die Zahl der Fälle bleibt konstant, doch die Taten werden brutaler. Jede einzelne Aggression ist eine zu viel, betont die Sprecherin.
Verändertes Verhalten seit der Pandemie
Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals beobachtet eine beunruhigende Entwicklung. Seit der Coronazeit nehmen Aggressionen merklich zu. René Zürcher von der Gewerkschaft sieht eine sinkende Hemmschwelle bei den Fahrgästen. Besonders das Zugpersonal bekommt dies zu spüren. Die Bahn müsse besser schützen – besonders am Abend. Bei alkoholisierten Fahrgästen sei das Risiko besonders hoch.
Sicherheitsmassnahmen und Kampagnen im Einsatz
Die Bahn reagiert mit konkreten Massnahmen. Nach 22 Uhr begleiten zwei Mitarbeitende die Fernverkehrszüge. Sicherheitspersonal unterstützt sie bei Bedarf. Bahnpolizisten tragen seit Herbst Bodycams. Diese sollen in heiklen Situationen deeskalierend wirken. Zusätzlich läuft eine gemeinsame Kampagne mit Sozialpartnern. Plakate und Bildschirme rufen zu mehr Respekt auf. Ziel ist ein sichereres Umfeld für alle Beteiligten.