Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat am Mittwoch klargestellt, dass Länder nach internationalem Recht verpflichtet sind, den Klimawandel zu bekämpfen. Diese Verantwortung ist eng mit dem Schutz der Menschenrechte verbunden. Kommen Staaten ihren Pflichten nicht nach, können sie für verursachte Schäden haftbar gemacht werden – sofern ein klarer Ursache-Wirkung-Zusammenhang besteht.
Vanuatu bringt wichtige Klimarechtsfragen vor das höchste Gericht
Der südpazifische Inselstaat Vanuatu, der aufgrund des steigenden Meeresspiegels besonders gefährdet ist, initiierte den Rechtsstreit. Ziel war es, zu klären, wie weit Staaten völkerrechtlich zum Klimaschutz verpflichtet sind und ob sie für klimabedingte Schäden zur Verantwortung gezogen werden können. Die UN-Generalversammlung stimmte im März 2023 mehrheitlich für das Verfahren.
Menschenrechte und Umweltschutz als untrennbare Einheit
Yuji Iwasawa, Präsident des IGH, betonte, dass der Klimawandel eine existentielle Bedrohung für Mensch und Natur darstelle und maßgeblich durch menschliches Verhalten verursacht werde. Internationale Abkommen wie das Pariser Klimaabkommen verpflichten Staaten zu wirksamen Schutzmaßnahmen.
Der Gerichtshof stellte fest, dass Staaten verpflichtet sind, das Klimasystem und die Umwelt zu schützen, um Menschenrechte effektiv zu gewährleisten. Bei Verstößen kann unter bestimmten Bedingungen Schadensersatz gefordert werden.
Gutachten hat Signalwirkung, ist aber nicht bindend
Das IGH-Gutachten ist rechtlich nicht bindend, aber von großer politischer Bedeutung. Über 100 Staaten und Organisationen beteiligten sich am Verfahren, das wichtige Völkerrechtsgrundlagen wie die UN-Charta und das Pariser Abkommen berücksichtigt.
Neue Impulse für Klimaklagen weltweit
Die Klimajuristin Michaela Krömer bezeichnet das IGH-Gutachten als „bahnbrechend“ und vergleicht es mit dem IPCC-Bericht. Es bestätigt die Pflicht aller Staaten, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen voranzutreiben und fossile Subventionen abzubauen. Auch die unterschiedliche historische Verantwortung der Länder wird anerkannt.
Bereits in der Vergangenheit gab es wichtige Urteile: 2019 forderte das niederländische Höchstgericht von seiner Regierung strengere Klimaschutzmaßnahmen, 2021 erklärte das deutsche Bundesverfassungsgericht das Klimaschutzgesetz teilweise für unzureichend. Kürzlich erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte an, dass der Schutz vor Klimaschäden Teil des Rechts auf Leben ist.
Klimaklage gegen Österreich vor Menschenrechtsgericht gewinnt an Fahrt
Vor dem EGMR läuft eine Beschwerde eines an Multipler Sklerose erkrankten Mannes, der argumentiert, dass die Erderwärmung seine Krankheit verschlimmere. Das Verfahren hat Priorität erhalten und dürfte durch das IGH-Gutachten gestärkt werden.
Vanuatu warnt vor existenzieller Gefahr durch Klimawandel
Klimaminister Ralph Regenvanu aus Vanuatu weist auf die dramatischen Folgen des Klimawandels für kleine Inselstaaten hin. Der steigende Meeresspiegel bedrohe das Überleben ganzer Landstriche. Das IGH-Gutachten sende ein wichtiges Signal für die internationale Verantwortung gegenüber besonders betroffenen Ländern.