Unterschiedliche Lebenswelten im prähistorischen Donauraum

by Jan Köhler
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Im Gebiet rund um die Donau lebten vor 6.000 bis 7.000 Jahren sehr unterschiedliche Gemeinschaften nahe beieinander. Einige Gruppen lebten abgeschottet, andere zeigten sich offen gegenüber Fremden. Forscherinnen und Forscher entdeckten, dass nur etwa 100 Kilometer zwei genetisch stark unterschiedliche Bevölkerungsgruppen trennten. Ein Team um Anna Szécsényi-Nagy und Zsuzsanna Siklósi analysierte die DNA von 125 Menschen, die vor etwa 3.900 bis 4.800 Jahren im Karpatenbecken lebten. Diese Studie, unterstützt durch Ron Pinhasi von der Universität Wien, erschien im Fachjournal „Nature Communications“.

Die Auswertung alter DNA lieferte Einblicke in das Alltagsleben, das Bestattungswesen und die Siedlungsformen der späten Jungsteinzeit und frühen Kupferzeit. Während in der Jungsteinzeit große Siedlungen entstanden, dominierte später ein Netzwerk kleinerer Gemeinschaften.

Wandel ohne Zuwanderung

Am Übergang zur Kupferzeit veränderten sich Keramikkunst und Bestattungspraktiken. Forscher führen das auf technische Neuerungen, soziale Umstrukturierungen oder klimatische Veränderungen zurück. Auch Hinweise auf kriegerische Konflikte häufen sich, etwa in Schletz bei Asparn an der Zaya.

Die genetischen Analysen sprechen gegen eine großflächige Verdrängung der Bevölkerung durch Zuwanderer. Stattdessen lebten eng verwandte Gruppen stabil über Generationen hinweg. Besonders deutlich wurde dies in Polgár und Basatanya, wo genetische Vielfalt sogar abnahm. Die Bevölkerung durchlief tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, ohne dass neue Gruppen einwanderten.

Offene Gemeinschaften und externe Einflüsse

Anders war die Situation in Urziceni-Vamă, nahe der heutigen Grenze zwischen Ungarn und Rumänien. Dort fanden Archäologen wenig verwandte Individuen in einem gemeinsamen Gräberfeld. Besonders auffällig war der genetische Unterschied vieler Frauen zur restlichen Gruppe.

Diese Ergebnisse deuten auf eine offenere Gesellschaft hin, die vermutlich Frauen von außerhalb aufnahm. Die soziale Struktur unterschied sich stark von benachbarten Gruppen. Die Studie zeigt, wie vielfältig gesellschaftliche Organisation und kulturelle Regeln in der frühen Bronzezeit im Donauraum waren.

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