Die Zahl der Schulassistenzen in der Schweiz steigt rapide. Doch einheitliche Standards fehlen bislang. Der Schweizer Lehrerverband fordert deshalb verbindliche Vorgaben und eine verpflichtende Ausbildung. Der Schulalltag wird immer komplexer: Lehrpersonen stehen unter Druck durch verhaltensauffällige Kinder und anspruchsvolle Eltern. Schulassistenzen übernehmen dabei wichtige Aufgaben wie Hausaufgabenbetreuung, Pausenaufsicht und organisatorische Unterstützung. Sie entlasten Lehrkräfte in allen Schulstufen und sind heute unverzichtbar.
Dramatischer Anstieg der Schulassistenzkräfte
Die genaue Anzahl der Schulassistenzen kennt niemand. Sicher ist aber, dass sie explosionsartig zunimmt. Im Kanton Bern stieg die Zahl von 918 Assistenzen 2020 auf 2954 in diesem Jahr – mehr als das Dreifache. Auch in Zürich verdreifachte sich die Anzahl von 340 auf 1020 Mitarbeitende. Im Aargau arbeiten heute 1669 Schulassistenten, vor fünf Jahren waren es 1008. Während die Schülerzahl dort nur um knapp acht Prozent stieg, verdoppelten sich die Vollzeitpensen der Assistenzen von 220 auf 437.
Lehrer fordern klare Rollen und Mitspracherecht
Das Berufsbild der Schulassistenz ist uneinheitlich. Die Kantone definieren die Aufgaben unterschiedlich: In Zürich oder Glarus beaufsichtigen sie Pausenplätze, in Bern übernehmen sie Übersetzungsdienste. Im Aargau fungieren sie als Ansprechpartner für Schüler. Einheitliche Qualifikationen fehlen. Einige Kantone verlangen nur Geduld, andere setzen Deutschkenntnisse und Arbeitserfahrung voraus.
Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) fordert ein klares Pflichtenheft. Dieses soll die Rolle der Schulassistenz genau beschreiben und von der Lehrtätigkeit abgrenzen.
Einheitliche Ausbildung als Mindestanforderung
Der LCH verlangt verbindliche Mindestanforderungen bei der Anstellung. Dazu gehört eine einheitliche Ausbildung an einer Pädagogischen Hochschule (PH). Bisher existieren Weiterbildungen mit unterschiedlicher Dauer und Kosten – von acht bis 77 Stunden und 288 bis 3600 Franken. Die Assistenz-Ausbildung soll das Lehrerstudium nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Assistenz bleibt Assistenz – klare Abgrenzung nötig
Christian Hugi, Vizepräsident des LCH, beschreibt die Schulassistenz als neue Berufsgruppe, die organisch gewachsen ist. Er fordert klare Regeln: Assistenz bleibt Assistenz. Die Lehrperson entscheidet und delegiert, die Assistenz unterstützt. Formale Vorgaben sollen festlegen, welche Aufgaben Schulassistenzen übernehmen und wer sie ausüben darf. Hugi hofft, dass Behörden die Forderungen unterstützen. Er betont die Bedeutung qualifizierter Betreuung für Kinder.
Komplexität des Lehrerberufs treibt den Bedarf
Das Positionspapier sieht die steigende Zahl der Schulassistenzen als Reaktion auf die wachsenden Anforderungen im Lehrerberuf. Die Schülerschaft wird heterogener, der Förderbedarf individueller. Früherer Schuleintritt und umfangreicher Lehrstoff erschweren den Unterricht. Eine Rückkehr zu Kleinklassen würde den Bedarf nicht reduzieren, da Assistenzen in vielen verschiedenen Situationen gebraucht werden, Kleinklassen aber nur eine kleine Gruppe betreuen.
Schutz und klare Grenzen für Schulassistenzen
Nadja Mayer vom Schulassistenzverband Schweiz begrüßt die Forderungen. Sie sieht die PH-Ausbildung als Schutz, nicht als Hindernis. Schulassistenzen sollen pädagogische Grundlagen und ihre Grenzen kennen. Eine Erstausbildung hält sie nicht für nötig. Der Beruf brauche Lebenserfahrung.
Schulassistenzen sind aus dem Schulalltag nicht mehr wegzudenken
Schulassistenzen sind heute fest im Schulalltag integriert, sagt Mayer. Viele Lehrer können ohne sie nicht mehr arbeiten. Öffentlich sind sie kaum sichtbar, institutionelle Unterstützung fehlt. Der Beruf ist oft nur befristet, ähnlich einem Zivildiensteinsatz. Anzahl und Dauer der Einsätze hängen von Gemeindefinanzen ab, Kantone geben nur Empfehlungen.
Einheitliche Regeln sichern Qualität und Transparenz
Mayer fordert verbindliche Vorgaben für Anforderungen, Funktion und Anstellung der Schulassistenzen. Diese sollen überkantonal gelten und durch ein Berufsbild geregelt werden. Das steigert die Unterrichtsqualität und schafft Klarheit für alle Beteiligten. Die Schulassistenz soll sich weiter professionalisieren und den Anforderungen moderner Schulen gerecht werden.