US-Berufungsrichter James Wynn hat überraschend seine geplante Pensionierung widerrufen. Damit verhindert er, dass Donald Trump eine bedeutende Richterstelle neu besetzen kann. Wynn, der von Barack Obama an das Berufungsgericht des vierten Bezirks in Richmond, Virginia, berufen wurde, informierte Präsident Joe Biden am Freitag über seine Entscheidung.
Dieser außergewöhnliche Schritt ist das erste Mal seit Trumps Wahlsieg im November, dass ein demokratisch ernannter Berufungsrichter sich entscheidet, im Amt zu bleiben. Durch solche Entscheidungen bleiben Posten besetzt, die Präsidenten normalerweise nutzen, um die Gerichtsbarkeit zu gestalten.
Politische Kontroversen um Rücknahmen von Ruhestandsplänen
Wynn ist nicht der einzige Richter, der seine Pensionierungspläne zurückgezogen hat. Zwei weitere Richter entschieden sich nach der Wahl ebenfalls, ihre Posten beizubehalten, was zu Kritik aus konservativen Kreisen führte.
Mitch McConnell, der republikanische Minderheitsführer im Senat, nannte die Vorgänge „beispiellos“. Senator Thom Tillis warf Wynn vor, das Pensionssystem der Justiz für parteipolitische Zwecke zu nutzen. Tillis hatte sich auch vehement gegen Ryan Park, Bidens Kandidaten für Wynns Nachfolge, ausgesprochen.
Park zog seine Nominierung am Donnerstag zurück, nachdem klar wurde, dass er nicht genügend Unterstützung im Senat erhalten würde. Diese Entwicklung folgte einer Vereinbarung zwischen Demokraten und Republikanern im Senat. Das Abkommen ermöglichte die Bestätigung von etwa einem Dutzend Amtsrichterkandidaten Bidens, blockierte jedoch vier Berufungsrichterkandidaten, darunter Park.
Ohne diese Blockade hätte Trump nach seiner Amtsübernahme die Möglichkeit gehabt, vier Richterstellen an Berufungsgerichten neu zu besetzen. Zwei dieser Posten hingen jedoch davon ab, dass demokratisch ernannte Richter wie geplant in den Ruhestand treten.
Wynns Entscheidung sorgt für neue Spannungen
Wynn hatte ursprünglich im Januar angekündigt, in den Halbruhestand zu gehen, sofern ein Nachfolger bestätigt werde. Am Freitag erklärte er jedoch, dass er seine Pläne geändert habe. In seinem Schreiben an Präsident Biden entschuldigte er sich für mögliche Unannehmlichkeiten, die durch seine Entscheidung entstanden seien.
Die konservative Gruppe Article III Project, unter der Leitung von Trumps Verbündetem Mike Davis, hat daraufhin Beschwerden wegen angeblichen Fehlverhaltens gegen die beiden anderen Richter eingereicht, die ihre Ruhestandspläne ebenfalls widerrufen haben. Die betroffenen Richter, Max Cogburn aus North Carolina und Algenon Marbley aus Ohio, haben bisher keine Stellungnahme abgegeben.
Durch seinen Verbleib im Amt stellt Wynn sicher, dass sein Posten von einem demokratisch ernannten Richter besetzt bleibt. Dies verhindert, dass Trump das ideologische Gleichgewicht am Berufungsgericht weiter verschiebt. Der Fall verdeutlicht, wie entscheidend die Besetzung von Richterposten im aktuellen politischen Machtkampf in den USA ist.