LGBTQ+-Gemeinschaft in Deutschland demonstriert gegen den Aufstieg der extremen Rechten vor den Wahlen

by Richard Parks
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Die LGBTQ+-Gemeinschaft in Deutschland geht auf die Straße, um gegen die zunehmende Verbreitung von queer- und transfeindlichen Haltungen in Politik und Medien zu protestieren. Tausende Menschen versammelten sich in 50 Städten, schwenkten Regenbogenflaggen und hielten Schilder mit der Aufschrift „Choose Love“ hoch.

Die Demonstrationen fanden nur wenige Tage vor einer Wahl statt, bei der die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) laut Umfragen zur zweitstärksten Kraft im Bundestag aufsteigen könnte. Die Organisatoren erklärten: „Viele queere Menschen sind durch die gesellschaftliche und politische Lage verunsichert. Der Ton gegen uns wird schärfer, und die liberale Demokratie steht unter Druck.“

Bedrohung durch AfD und zunehmende Gewalt

Seit Jahren kämpfen Aktivist*innen gegen die AfD, die sich gegen die Ehe für alle, sichere Räume für queere Menschen und den Zugang zu Gesundheitsversorgung und reproduktiver Gerechtigkeit stellt.

Die aktuelle Wahl könnte die Herausforderungen für die LGBTQ+-Gemeinschaft weiter verschärfen. Alva Träbert, Vorstandsmitglied des LSVD (Lesben- und Schwulenverband Deutschland) und der Federation Queer Diversity, sagte: „Wir sehen, dass politische Akteure offen anti-queere und anti-trans Politiken in ihren Wahlkampagnen nutzen. Sie machen marginalisierte Gruppen für größere gesellschaftliche Probleme verantwortlich und legitimieren gleichzeitig Diskriminierung und Hass.“

Das AfD-Parteiprogramm definiert Familie als eine „Vater-Mutter-Kind“-Einheit und lehnt alle anderen Familienformen ab. Zudem fordert die Partei, Minderjährige vor der sogenannten „Trans-Ideologie“ und „früher Sexualisierung“ zu schützen.

Mit dem Erstarken der extremen Rechten nahm auch die Gewalt zu: Im vergangenen Jahr wurden mindestens 26 Übergriffe von rechtsextremen Demonstranten auf Pride-Veranstaltungen dokumentiert. „So erschütternd und beängstigend diese Entwicklung auch ist, sie kommt nicht überraschend“, erklärte Träbert. „Wir wissen aus der Geschichte: Gewalt beginnt mit Worten – und Worte führen zu Taten.“

Einfluss der AfD auf die Politik

Umfragen zufolge könnte die konservative CDU-CSU bei der Wahl mit rund 28 % die meisten Stimmen erhalten, gefolgt von der AfD. Obwohl CDU-Chef Friedrich Merz eine Zusammenarbeit mit der AfD offiziell ausgeschlossen hat, arbeitete er kürzlich mit der Partei an einer nicht-bindenden Resolution zur Grenzpolitik. Dies stellte für viele eine beunruhigende Annäherung dar.

Träbert warnte: „Es ist zunehmend besorgniserregend, dass zentristische Parteien versuchen, Wähler zurückzugewinnen, indem sie AfD-Positionen übernehmen.“ Sowohl CDU/CSU als auch AfD haben angekündigt, das neue Selbstbestimmungsgesetz rückgängig zu machen, das seit November 2023 eine einfachere Änderung von Name und Geschlechtseintrag ermöglicht. Diese Pläne seien eine „ernsthafte Bedrohung“ für trans, nicht-binäre und intersexuelle Menschen.

Das Paradoxon um Alice Weidel

Trotz der queerfeindlichen Politik der AfD führt eine lesbische Frau die Partei an: Alice Weidel, die mit ihrer Frau und zwei Söhnen lebt.

„Alice Weidel dient als eine Art Feigenblatt“, erklärte der Politikwissenschaftler Constantin Wurthmann von der Universität Mannheim. „Wenn jemand sagt, die AfD sei rassistisch, kann man auf ihre nicht-weiße Partnerin verweisen. Und wenn jemand sagt, die AfD sei homofeindlich, kann man auf Weidel als lesbische Kandidatin hinweisen. Aber sie teilt nicht die Identität der LGBTQ+-Gemeinschaft.“

Ein AfD-Funktionär erklärte gegenüber der Financial Times: „Sie ist nur biologisch homosexuell, aber nicht aus politischer Überzeugung.“

In den vergangenen Monaten suchte Weidel zunehmend die Nähe zu bekannten Gegnern der LGBTQ+-Rechte, darunter Elon Musk und Ungarns Premierminister Viktor Orbán. Bei einem Treffen in Budapest kritisierte die Labrisz Lesbian Association Weidels Besuch in einem offenen Brief. Sie schrieb: „Willkommen in einem Land, in dem Lesben keine künstliche Befruchtung erhalten, keine Kinder adoptieren und, wenn sie bereits Kinder haben, nur eine Mutter elterliche Rechte besitzt.“

Die Organisation kritisierte, dass Orbán Weidels Sexualität aus politischen Gründen dulde. „Orbán und seine homophoben Verbündeten werden ihr lesbisch-Sein diskret übersehen, weil es ihnen gerade in den Kram passt. Und sie selbst wird beim Händeschütteln mit Orbán wohl kaum an ihre Partnerin und ihre Kinder denken.“

Die zentrale Frage, die im Brief gestellt wurde, hallt in Ungarn, Deutschland und darüber hinaus nach: „Liebe Alice Weidel, welche Botschaft senden Sie mit Ihrem Besuch an ungarische Lesben?“

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