Laborgezüchtete Spermien und Eizellen könnten in wenigen Jahren Realität werden

by David Meier
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Durchbruch in der Reproduktionsmedizin

Wissenschaftler sind nur noch wenige Jahre davon entfernt, lebensfähige menschliche Geschlechtszellen im Labor herzustellen, so der renommierte Entwicklungsgenetiker Prof. Katsuhiko Hayashi (Universität Osaka). Diese in-vitro Gametogenese (IVG) könnte die Reproduktionsmedizin grundlegend verändern und ermöglichen, aus Haut- oder Blutzellen Spermien und Eizellen zu erzeugen.

Hayashi schätzt, dass sein Labor in etwa sieben Jahren diesen Meilenstein erreichen wird. Auch andere Forschungsgruppen wie an der Universität Kyoto oder das von Sam Altman unterstützte kalifornische Start-up Conception Biosciences arbeiten intensiv an dieser Technologie.

Chancen und mögliche Anwendungen

IVG könnte es Menschen unabhängig von Fruchtbarkeit oder Alter ermöglichen, eigene biologische Kinder zu bekommen. Theoretisch könnte dies auch gleichgeschlechtlichen Paaren die biologische Elternschaft ermöglichen.

Matt Krisiloff, CEO von Conception, betont, dass laborgezüchtete Eizellen „ein wichtiges Werkzeug gegen den Bevölkerungsrückgang“ sein könnten, da Frauen so auch in höherem Alter Kinder bekommen könnten.

Aktuelle Fortschritte

Auf der ESHRE-Konferenz in Paris stellte Hayashi die Fortschritte seines Teams vor:

  • Züchtung primitiver Mausspermien in Labor-Hoden-Organoiden.
  • Entwicklung eines menschlichen Ovar-Organoids als Schritt zur Eizellproduktion.

Der Prozess beginnt mit der Reprogrammierung von Haut- oder Blutzellen zu Stammzellen, die zu Keimzellen (Vorläufern von Eizellen und Spermien) entwickelt werden. Diese werden in Organoiden weiter kultiviert, die die notwendigen biologischen Signale zur Reifung aussenden.

Bisher gelang es, Spermatocyten in künstlichen Maushoden zu züchten, die jedoch noch vor der vollen Reife starben. Verbesserungen in der Sauerstoffversorgung sollen helfen, reife Spermien zu erzeugen.

Herausforderungen und Sicherheitsbedenken

  • Hayashi und andere Experten betonen, dass umfassende Tests notwendig sind, um sicherzustellen, dass laborgezüchtete Zellen keine gefährlichen Mutationen tragen.
  • In Großbritannien wäre die Nutzung solcher Zellen für die Fruchtbarkeitstherapie aktuell illegal.
  • Prof. Rod Mitchell (Universität Edinburgh) betonte: „Wir müssen sicherstellen, dass es sicher ist, bevor wir solche Zellen zur Zeugung eines Kindes einsetzen.“

Ethische und gesellschaftliche Fragen

Die Technologie könnte helfen, Unfruchtbarkeit zu überwinden, wirft aber Fragen auf:

  • Nutzung für ältere Frauen oder gleichgeschlechtliche Paare
  • mögliche genetische Selektion oder Geneditierung von Nachkommen
  • Erzeugung von „Unibabys“ (Spermien und Eizellen von einer Person) oder „Multiplex-Babys“ (genetische Beiträge von mehr als zwei Elternteilen)

Hayashi sieht diese Optionen mit Vorsicht:

„Wenn die Wissenschaft Ergebnisse bringt, die nicht natürlich sind, sollten wir sehr, sehr vorsichtig sein.“

Auch Prof. Hank Greely (Stanford) äußerte sich kritisch, ob es sinnvoll sei, diese radikalen Möglichkeiten zu nutzen.

Ausblick

Trotz technischer Herausforderungen sind Experten sich einig, dass die Herstellung lebensfähiger menschlicher Spermien und Eizellen im Labor innerhalb von 5–10 Jahren realistisch ist. Diese Technologie könnte die Möglichkeiten der Familienplanung erheblich erweitern, erfordert jedoch strenge ethische und regulatorische Rahmenbedingungen, um sichere und verantwortungsvolle Anwendungen zu gewährleisten.

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