Konzernverantwortung im Fokus: Kovi 2.0 fordert klare Regeln

by Jerry Jackson
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Ein neuer Anlauf nach dem knappen Scheitern

Die erste Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi) scheiterte 2020 knapp am Ständemehr, obwohl eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung zustimmte. Als Reaktion verabschiedete das Parlament 2024 neue Vorschriften: Unternehmen müssen seither in Berichten ihre Auswirkungen auf Klima, Mitarbeitende und lokale Gemeinschaften offenlegen. Doch viele kritisieren diese Regelungen als unzureichend.

Jetzt startet eine Allianz aus NGOs, Gewerkschaften und Politikern den zweiten Versuch. Mit der Kovi 2.0-Initiative fordern sie verbindliche Regeln, die über Berichterstattung hinausgehen. Die Initiative will Unternehmen weltweit zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards verpflichten.

Verbindlichkeit statt Symbolpolitik

Kovi 2.0 zielt darauf ab, klare Vorgaben für Konzerne durchzusetzen. Gefordert wird eine Sorgfaltspflicht nach internationalen Standards, die unter anderem Kinderarbeit effektiv verhindert. Betroffene sollen die Möglichkeit erhalten, erlittene Schäden vor Gericht einzuklagen. Zusätzlich soll ein unabhängiges Aufsichtsorgan Verstöße mit hohen Strafen ahnden.

Nationalrat Stefan Müller-Altermatt, Mitglied des Initiativkomitees, kritisiert die bisherigen Berichterstattungspflichten: „Hochglanzbroschüren ändern nichts. Wir brauchen klare Regeln gegen Umweltverschmutzung und Kinderarbeit.“ Als Negativbeispiel nennt er Glencore, das in Berichten behauptet, es gebe keine Probleme. Dokumentierte Fälle zeigen jedoch, dass Glencore-Minen in Peru Umweltzerstörung und die Vertreibung indigener Gemeinschaften verursacht haben.

Die Initianten wollen innerhalb von 30 Tagen 100.000 Unterschriften sammeln und die Initiative möglichst schnell zur Abstimmung bringen.

Unternehmen und Kritiker im Schlagabtausch

Internationale Konzerne wie Glencore, Syngenta und Lindt & Sprüngli betonen ihre Verantwortung in offiziellen Berichten. Doch Initianten werfen ihnen vor, in der Praxis oft anders zu handeln. Beispielsweise soll eine Glencore-Mine in Peru die Umwelt so stark verschmutzt haben, dass Menschen und Tiere erkrankten.

Glencore-Sprecherin Sarah Antenore widerspricht und betont, dass das Unternehmen ethische Geschäftspraktiken fördert und die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung unterstützt. Syngenta sieht sich ähnlicher Kritik ausgesetzt: 2023 wurde das Trinkwasser zweier Dörfer in Costa Rica durch ein Pestizid des Unternehmens kontaminiert. Syngenta-Sprecher Beat Werder verweist jedoch darauf, dass alle Produkte sicherheitsgeprüft und zugelassen seien.

Auch Lindt & Sprüngli steht in der Kritik. Das Unternehmen wird beschuldigt, sein Programm zur Bekämpfung von Kinderarbeit an einen umstrittenen Rohstoffhändler ausgelagert zu haben. Eine Sprecherin verteidigt die Maßnahmen und verweist auf transparente Berichte und öffentlich zugängliche Produzentendaten.

Ein Monat für die Zukunft der Verantwortung

Die Initianten von Kovi 2.0 halten diese Aussagen für unzureichend. Sie fordern verbindliche Vorgaben statt freiwilliger Berichte. Innerhalb von nur einem Monat will die Allianz 100.000 Unterschriften sammeln und damit den politischen Druck erhöhen.

Die Initiative hat das Potenzial, die Verantwortung von Schweizer Unternehmen weltweit neu zu definieren. Sie steht für eine Debatte, die nicht nur nationale, sondern auch globale Relevanz hat – und die Frage, wie Wirtschaft und Ethik zusammenfinden können.

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