Die Schweizer Armee erlebt eine beispiellose Rücktrittswelle. Innerhalb weniger Tage haben mehrere hochrangige Militärs ihre Ämter niedergelegt. Nach der Ankündigung von Verteidigungsministerin Viola Amherd, aus dem Amt zu scheiden, folgen nun der Armeechef, der Geheimdienstchef und der Luftwaffenchef.
Plötzliche Rücktritte erschüttern die Sicherheitsbehörden
Kurz nach dem Rücktritt von Geheimdienstchef Christian Dussey wurde am Dienstag bekannt, dass auch Armeechef Thomas Süssli seinen Posten aufgeben wird. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und der TV-Sender SRF berichteten zuerst darüber. Am Nachmittag bestätigte die Präsidentin der Sicherheitskommission des Nationalrats die Rücktritte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die Schweizer Armee und das Verteidigungsministerium haben sich bislang nicht zu den Entwicklungen geäußert. Süssli, ein ehemaliger Bankmanager, der in Armeekreisen als Hoffnungsträger galt, wird sein Amt voraussichtlich bis Ende 2025 weiterführen. Dennoch sorgt die hohe Anzahl an Abgängen für Besorgnis, insbesondere angesichts der angespannten weltpolitischen Lage und interner Herausforderungen.
Medienberichte enthüllen Personalwechsel vorzeitig
Ursprünglich sollten die Rücktritte erst am Mittwoch bekannt gegeben werden, nachdem der Bundesrat offiziell darüber informiert worden wäre. Doch laut der Berner Zeitung verzögerte Noch-Verteidigungsministerin Viola Amherd offenbar die Mitteilung an die Regierung.
Die überraschenden Entwicklungen führten in Bern zu Spekulationen und Vergleichen mit dem historischen “Wunder von Bern” aus dem Jahr 1954 – nun allerdings als das “Wundern von Bern”. Die Gründe für die Rücktritte bleiben unklar, doch erste Vermutungen kursieren bereits.
Berichten zufolge interessierte sich Thomas Süssli schon länger für eine Karriere in der Privatwirtschaft. Zudem war er nach Amherds Rücktritt offenbar nicht mehr unumstritten und könnte einem erzwungenen Abgang zuvorgekommen sein.
Auch Luftwaffen- und Geheimdienstchef verlassen ihre Ämter
Neben Süssli und Dussey gab auch Luftwaffenchef Peter Merz seinen Rücktritt bekannt. Im Gegensatz zu seinen Kollegen wechselt er jedoch freiwillig in eine neue Position: Er wird CEO von Skyguide, dem Unternehmen, das für die Überwachung des Schweizer Luftraums zuständig ist.
Geheimdienstchef Christian Dussey, der seit drei Jahren an der Spitze des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) stand, scheidet ebenfalls aus dem Amt. Berichten zufolge gab es zahlreiche Beschwerden über seine Amtsführung, und sein Verbleib unter der neuen Verteidigungsführung galt als unwahrscheinlich.
Armee und Verteidigungsministerium unter Druck
Die Rücktritte kommen zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt. Das Verteidigungsministerium steht bereits wegen Verzögerungen bei Modernisierungs- und Digitalisierungsprojekten in der Kritik. Am 12. März soll zudem das Parlament über Amherds Nachfolge im Bundesrat entscheiden.
Zusätzliche Unruhe entstand durch neue Enthüllungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Sie machte am Montag Verdachtsfälle von Betrug beim staatlichen Rüstungskonzern Ruag MRO öffentlich. Der Schaden soll sich auf Dutzende Millionen Franken belaufen.
Während die Schweizer Sicherheitsbehörden mit diesen Herausforderungen kämpfen, bleibt unklar, wie sich der plötzliche Führungswechsel auf die Stabilität und Effizienz der Armee auswirken wird. Sicher ist nur, dass das Verteidigungsministerium in einer entscheidenden Phase vor gewaltigen Aufgaben steht.