Europas Gaspreise explodieren: Kälte, Energiemangel und politische Unsicherheit

by Richard Parks
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Die Erdgaspreise in Europa sind im November stark angestiegen. Der niederländische Title Transfer Facility (TTF)-Benchmark verzeichnete ein Plus von 16 % und erreichte 46 Euro pro Megawattstunde (MWh), den höchsten Stand seit über einem Jahr. Hauptursachen sind eine früh einsetzende Kältewelle, eine sinkende Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen und anhaltende geopolitische Spannungen.

Die unerwartet kalten Temperaturen in Europa und Nordamerika haben die Heiznachfrage bereits vor Beginn des Winters in die Höhe getrieben. Frostige Bedingungen in Nordwesteuropa und im Nordosten der USA haben die Nachfrage nach Energie deutlich verstärkt. Gleichzeitig führt eine schwache Windenergieproduktion dazu, dass Gaskraftwerke stärker genutzt werden müssen. Diese Faktoren haben die europäischen Gasspeicher unter die Marke von 90 % sinken lassen – ein Niveau, das erstmals in diesem Jahr den Fünfjahresdurchschnitt unterschreitet.

Die geopolitischen Spannungen verschärfen die Situation weiter. Gazprom hat kürzlich die Gaslieferungen nach Österreich eingestellt, was die Sorge vor weiteren Störungen verstärkt hat. Zudem droht zum Jahresende das Auslaufen eines wichtigen Transitabkommens zwischen Russland und der Ukraine, das etwa 5 % des europäischen Gasbedarfs deckt. Sollte keine Einigung erzielt werden, könnten Länder in Mittel- und Osteuropa mitten im Winter mit gravierenden Engpässen konfrontiert werden.

Experten warnen, dass sich die Situation weiter zuspitzen könnte. Goldman Sachs hat seine Prognose für die Gaspreise im Jahr 2025 auf 40 Euro/MWh angehoben. Bei extremeren Szenarien – etwa Verzögerungen bei LNG-Lieferungen, einer starken asiatischen Nachfrage oder noch kälterem Wetter – könnten die Preise sogar auf bis zu 77 Euro/MWh steigen. Dies würde viele Industrien zwingen, von Gas auf Öl umzustellen, um die Energieversorgung aufrechtzuerhalten.

Die wirtschaftlichen Folgen dieser Preisentwicklung könnten erheblich sein. Steigende Energiekosten belasten Haushalte und Unternehmen gleichermaßen, was die wirtschaftliche Erholung nach der Energiekrise des vergangenen Jahres verlangsamen und die Inflation anheizen könnte. Insbesondere energieintensive Industrien wie die Chemiebranche oder die Metallverarbeitung könnten ihre globale Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Die politischen Entscheidungsträger stehen unter Druck, Maßnahmen wie Energiesubventionen einzuführen oder den Ausbau erneuerbarer Energien massiv zu beschleunigen, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.

Obwohl die aktuellen Preise weit unter den Rekordwerten des Sommers 2022 liegen – damals erreichte der TTF beinahe 350 Euro/MWh – zeigt der jüngste Anstieg, wie verwundbar Europa weiterhin gegenüber Wetterextremen und geopolitischen Krisen ist. Mit Beginn der Wintermonate bleibt die Sicherstellung einer stabilen Energieversorgung eine der größten Herausforderungen für die Region.

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