Ein Bagger packt die Regenrinne und reißt Teile des Dachs herunter. So beginnt der Abriss der Christuskirche in Hägendorf. Stück für Stück verschwindet das Gebäude in der Mulde. Bauleiter Patrick Kellerhals führt zum ersten Mal den Rückbau einer Kirche durch. „Wir arbeiten vorsichtig, setzen aber große Maschinen ein“, sagt er. Kirchenabrisse sind kein Einzelfall mehr. In den letzten 25 Jahren verschwanden elf Kirchengebäude, fünf weitere Abrisse sind geplant. Dennoch: Meist schützt der Denkmalschutz Gebäude dieser Art. Laut Statistik wurde kein Objekt älter als 100 Jahre abgerissen.
Kirchen weichen lukrativen Neubauten
Kirchen verschwinden oft wegen Bauschäden oder hoher Sanierungskosten. In Hägendorf riss der Boden vor 20 Jahren auf – Risse durchzogen die Mauern. Kirchenbauexperte Johannes Stückelberger nennt noch einen Grund: „Man kann auf dem Grundstück viel Geld verdienen.“ Städte nutzen zentrale Lagen für neue Projekte. So entstand in Basel auf Kirchengrund die Überbauung Christophorus mit Wohnungen, Kita, Heim und Kapelle. Stückelberger dokumentiert rund 250 Abrisse oder Umnutzungen. Viele Gebäude nutzt man nun gemeinsam – etwa mit Schulen oder Vereinen. Projekte brauchen Zeit: In Turgi AG plant man seit 15 Jahren – gebaut wurde nichts.
Abschied mit Wehmut und Zustimmung
Die Christuskirche in Hägendorf war schon lange einsturzgefährdet. 2018 feierte man dort die letzte Messe. Seitdem besuchen die Gläubigen die Kirche in Olten. Beim Abschiedsgottesdienst im Freien zeigten viele Trauer. Pfarrer Daniel Konrad sagte, besonders Hochzeiten oder Taufen hinterließen starke Erinnerungen. Trotzdem akzeptieren viele Gemeindemitglieder den Entscheid. Die Reparaturkosten wären zu hoch gewesen. Durch Risse konnte man schon nach draußen schauen. Die Kirchgemeinde stimmte dem Abriss und Verkauf einstimmig zu. Eine Baufirma errichtet nun Wohnungen – nur die Glocke bleibt als Erinnerung erhalten.