Europas heimlicher Engpass: Strategische Rohstoffe in der Krise

by Clara Neumann
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Verteidigung braucht mehr als Pläne

Mit zunehmenden Spannungen weltweit richtet Europa seinen Fokus auf die Stärkung der Verteidigung. Doch dabei gerät ein entscheidender Punkt aus dem Blick: der Zugang zu elementaren Rohstoffen. Metalle wie Kupfer, Titan, Aluminium oder Seltene Erden sind unverzichtbar für Waffen- und Kommunikationstechnologien – in Europa jedoch kaum verfügbar.

Der Kontinent deckt derzeit nur einen Bruchteil seines Bedarfs selbst. Prognosen zeigen: Die Nachfrage nach kritischen Materialien wird in den kommenden Jahren massiv steigen. Besonders Lithium und Seltene Erden verzeichnen ein starkes Wachstum – bei gleichzeitig dünner eigener Versorgungslage.

Abhängigkeit mit Risiken

Ein Großteil dieser Rohstoffe stammt aus geopolitisch unsicheren Regionen. China, Russland, der Kongo oder die Türkei gehören zu den Hauptlieferanten. In manchen Fällen – etwa bei Magnesium – liefert sogar nur ein einziges Land den gesamten EU-Bedarf.

Hinzu kommt: Europa verfügt nicht nur über kaum eigene Vorkommen, sondern auch über zu wenig industrielle Kapazitäten zur Weiterverarbeitung. China hat sich systematisch Zugang zu globalen Verarbeitungsketten gesichert – das schwächt Europas Handlungsfähigkeit erheblich.

Politische Pläne, aber schleppende Umsetzung

Mit dem „Critical Raw Materials Act“ will die EU den Kurs ändern. Bis 2030 sollen zehn Prozent des Rohstoffbedarfs selbst abgebaut, 40 Prozent innerhalb Europas verarbeitet und 25 Prozent recycelt werden. Kein Drittstaat soll mehr als 65 Prozent eines einzelnen Rohstoffs liefern dürfen.

Zusätzlich sollen neue Partnerschaften mit Ländern wie Kanada, Australien oder Staaten in Lateinamerika Abhilfe schaffen. Doch bislang handelt es sich vor allem um Zielvorgaben – konkrete Projekte fehlen weitgehend.

Gregor Nägeli, Berater der EVP-Fraktion, mahnt zur Eile: Ambitionen allein reichen nicht aus. Ohne belastbare Lieferstrukturen und Produktionskapazitäten bleibe Europa verwundbar.

Industrie fordert entschlossenes Handeln

Auch aus der Wirtschaft wächst der Druck. Der europäische Luft- und Raumfahrtverband warnt vor Störungen der Versorgungsketten, die direkte Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte haben könnten.

Einzelne Länder versuchen, sich abzusichern. Frankreich verpflichtet die Rüstungsbranche zur Vorratshaltung, Spanien empfiehlt Ähnliches in seiner Sicherheitsstrategie. Doch ein gesamteuropäisches System ist bislang nicht in Sicht – technische Hürden und Geheimhaltungsbedenken verhindern ein gemeinsames Vorgehen.

Schlussfolgerung: Die Zeit wird knapp

Ohne Zugang zu kritischen Rohstoffen bleibt Europas Sicherheitsarchitektur brüchig. Es reicht nicht, das Problem zu erkennen – es braucht Tempo bei der Umsetzung.

Rohstoffsicherung ist längst kein Randthema mehr, sondern eine sicherheitspolitische Notwendigkeit. Europas Handlungsspielraum hängt davon ab, wie schnell und konsequent es sich von seiner Abhängigkeit befreit.

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