Sorge um Demokratieabbau und Einfluss Russlands
In einer gemeinsamen Erklärung äußerten europäische Außenminister am Freitag ihre „tiefe Besorgnis über die sich verschlechternde Lage in Georgien“. Die Stellungnahme reagiert auf einen kürzlich vom Europäischen Parlament verabschiedeten Fortschrittsbericht zum Beitrittsprozess Georgiens, in dem die Mehrheit der EU-Abgeordneten eine „Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit“ und den „zunehmenden russischen Einfluss der Regierungspartei Georgischer Traum“ beklagt.
Die EU und die NATO sehen mit wachsender Sorge auf die russischen Aktivitäten im Südkaukasus. Laut Europäischem Parlament gehören dazu auch eine steigende Zahl von Verhaftungen oppositioneller Politiker und Journalistinnen durch georgische Behörden.
Opposition hinter Gittern – Proteste in Tiflis
Nach der umstrittenen Parlamentswahl im Oktober, bei der der Georgische Traum erneut gewann, geht die Regierung scharf gegen Kritiker vor. Mehrere prominente Oppositionspolitiker sitzen inzwischen in Haft. Die Mehrheit der pro-westlichen Opposition befindet sich entweder im Gefängnis oder unter Anklage. Zeitgleich demonstrieren täglich Tausende in der Hauptstadt Tiflis gegen den autoritären Kurs der Regierung und das Aussetzen des EU-Beitrittsprozesses.
Die georgische Regierung weist die Kritik zurück. Parteigeneralsekretär Kakha Kaladze betonte, die Verhaftungen seien „nicht politisch motiviert“. Auch Politiker müssten sich an Gesetze halten, sagte er.
EU fordert Freilassungen und Dialog
Die EU-Außenminister hingegen verurteilen die Festnahmen scharf. In ihrer Erklärung heißt es:
„Diese Maßnahmen beschleunigen den Abbau demokratischer Strukturen und leiten eine autoritäre Entwicklung ein – im Widerspruch zu europäischen Werten.“
Sie fordern die sofortige Freilassung politischer Gefangener und appellieren an die Regierung, „einen nationalen Dialog mit allen relevanten gesellschaftlichen Akteuren zu beginnen“.
Beziehung zu Europa stark belastet
Die Erklärung schließt mit der Warnung, dass sich das Verhältnis zwischen Georgien und der EU zunehmend verschlechtere:
„Der autoritäre und anti-europäische Kurs der georgischen Regierung gefährdet die bisherigen demokratischen Fortschritte massiv.“
Beitrittsprozess vorerst auf Eis gelegt
Georgien hatte im März 2022 gemeinsam mit der Ukraine und Moldau die EU-Mitgliedschaft beantragt und im Dezember 2023 den Kandidatenstatus erhalten. Doch nur wenige Monate später geriet der Prozess ins Stocken. Differenzen zwischen Brüssel und Tiflis über demokratische Standards und Rechtsstaatlichkeit führten dazu, dass der Erweiterungsdialog aktuell eingefroren ist.
Regierung in Tiflis betont strategische Rolle
Georgiens Premierminister Irakli Kobakhidze verteidigte die Position seines Landes im Gespräch mit Euronews:
„Georgien spielt eine strategisch bedeutende Rolle für Europa, vor allem für den Euroraum. Deshalb wird ein Dialog mit unseren Führungskräften immer wichtiger.“
Ob sich daraus wieder eine Annäherung entwickelt, bleibt angesichts der aktuellen Entwicklung offen.