Ausnahmezustand im Situation Room
Donald Trump widmete seine gesamte Woche der dramatisch zuspitzenden Krise zwischen Israel und Iran. Während eines Besuchs in Kanada verlangte er in jeder Pause aktuelle Lageberichte. Noch nie seit Beginn seiner Präsidentschaft hielt er sich so häufig und so lange im unterirdischen Situation Room des Weißen Hauses auf.
Umso überraschender wirkte es am Mittwoch, als Trump nicht mit einer außenpolitischen Erklärung vor die Presse trat, sondern sich der Einweihung zweier fast 30 Meter hoher Flaggenmasten auf dem Südgelände widmete.
„Das sind die besten Masten des Landes – oder sogar weltweit“, schwärmte er vor Reportern und Arbeitern. „Das ist ein wirklich aufregendes Projekt für mich.“
Kurzer Ausstieg aus der Krise – dann diplomatisches Innehalten
Diese Zeremonie bot dem Präsidenten eine kurze Unterbrechung im Zentrum der angespannten Lage. Doch nur 24 Stunden später diktierte er seiner Sprecherin Karoline Leavitt eine bedeutende Erklärung: Er werde einen möglichen Militärschlag gegen den Iran um bis zu zwei Wochen aufschieben, um einer diplomatischen Lösung Raum zu geben.
Zuvor hatten sich erneut führende Vertreter im Situation Room versammelt. Trump ließ sich Angriffsoptionen präsentieren, prüfte Risiken und stellte kritische Fragen zu den möglichen Folgen.
Trotz zuvor dramatischer Rhetorik, einschließlich einer Warnung zur Evakuierung Teherans, nutzte Trump diesen Aufschub, um mehr Optionen abzuwägen. Gleichzeitig verschaffte er innerparteilichen Befürwortern und Kritikern Zeit, direkten Einfluss auf seine Entscheidung zu nehmen.
Ein Präsident zwischen Instinkt, Druck und Zweifel
Trump vermied es öffentlich, eine klare Linie zu vertreten. Während er über soziale Medien mit martialischen Aussagen provozierte, zeigte er im Inneren des Weißen Hauses spürbare Zurückhaltung. CIA-Direktor John Ratcliffe und Generalstabschef Dan Caine galten in dieser Phase als seine wichtigsten Berater. Steve Witkoff, Trumps außenpolitischer Sondergesandter, führte parallel Gespräche mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi, um eine Rückkehr zur Diplomatie zu sondieren.
Andere Regierungsvertreter wie Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard spielten keine Rolle mehr. Ihre Einschätzung, Iran strebe keine Atombombe an, wies Trump öffentlich zurück: „Dann liegt mein Geheimdienst falsch.“ Als ein Reporter Gabbard namentlich nannte, antwortete Trump trocken: „Sie irrt sich.“
Seine Entscheidung, vorerst nicht zu handeln, beruhte weniger auf Analysen als auf Intuition. Sein Instinkt sagte ihm, dass ein Angriff jetzt zu früh käme.
Das Camp-David-Szenario und Israels Offensive
Bereits Anfang des Monats war Trump bei einem Treffen in Camp David darüber informiert worden, dass Israel konkrete Pläne für einen Angriff auf iranisches Gebiet hatte. Seine Sicherheitsberater hatten mögliche US-Reaktionen vorbereitet und intern abgestimmt. Premierminister Netanyahu bestätigte Trump persönlich, dass er kurz vor einem Militärschlag stehe.
Als Israel schließlich seine Offensive startete, traf sich Trump mit führenden Staatschefs beim G7-Gipfel in Kanada. Dort versuchten europäische Partner, seine Pläne zu verstehen – insbesondere mit Blick auf einen möglichen US-Angriff auf das unterirdische Atomgelände Fordo. Sie drängten auf eine gemeinsame Erklärung zur Deeskalation, doch Trump verweigerte die Zustimmung.
Er sprach in keiner der vertraulichen Runden offen über seine Pläne – und reiste schließlich vorzeitig ab, um sich in Washington wieder allein mit der Krise zu befassen.
Ein Präsident sucht Abstand – und bleibt doch mitten im Feuer
Am Mittwoch verdichteten sich die Anzeichen, dass Trump einen Luftangriff ernsthaft erwog. „Es ist sehr spät für Gespräche“, sagte er schweißgebadet während des Flaggenmast-Termins. Hinter verschlossenen Türen zeigte er sich laut Insidern überzeugt, dass die Anlage in Fordo zerstört werden müsse. Öffentlich erklärte er: „Nur wir haben die Fähigkeiten – aber das bedeutet nicht, dass ich sie einsetze.“
Diese Worte sprach er im Oval Office, während Spieler des italienischen Fußballklubs Juventus hinter ihm standen. Einer der Spieler, Timothy Weah, reagierte später irritiert: „Ich wollte eigentlich nur Fußball spielen.“
Ein innerparteiliches Kräftemessen hinter den Kulissen
Trumps Entscheidung war auch das Ergebnis eines intensiven parteiinternen Kampfes. Befürworter wie Senator Lindsey Graham meldeten sich telefonisch zu Wort. Er lobte Trump nach einem Gespräch am Dienstagabend als „ruhig und fokussiert“ und sagte: „Er meint es ernst mit einem atomwaffenfreien Iran.“
Auf der anderen Seite warnte Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon öffentlich vor einem neuen, langwierigen Krieg. Bei einem Frühstück mit Journalisten erklärte er: „Wir dürfen diesen Fehler nicht wiederholen. Das würde unser Land zerreißen.“
Zwei Wochen Schonfrist – oder doch nur ein Aufschub?
Trump reagierte wie so oft in seiner Amtszeit: Er hörte zu, tastete sich voran, ohne sich sofort festzulegen. Doch diesmal hatte er weniger Kontrolle als sonst. Israel handelte trotz seiner Bitten eigenständig. Und Iran zeigte sich gewohnt widerstandsfähig.
Als er am Freitag in New Jersey eintraf, erklärte Trump, er könne Netanyahu schwerlich zur Mäßigung aufrufen – angesichts der bisherigen israelischen Erfolge. Die gesetzte Zwei-Wochen-Frist nannte er das absolute Maximum für eine diplomatische Lösung. Ein früherer Angriff bleibe dennoch möglich.
Ob dies die bedeutendste Entscheidung seiner Amtszeit sei, ließ Trump offen. Doch was sein Ziel sei, sagte er deutlich:
„Immer ein Friedensstifter. Manchmal braucht man Härte, um Frieden zu schaffen. Aber immer ein Friedensstifter.“