Unternehmen drängen auf Einigung vor dem EU-Gipfel im Mai
Die britische Luftfahrt-, Verteidigungs- und Technologieindustrie fordert von Regierung und EU eine schnelle Vereinbarung über ein Verteidigungsabkommen. Dieses soll bereits beim UK-EU-Gipfel am 19. Mai in London beschlossen werden. Hintergrund ist ein neuer EU-Fonds in Höhe von 150 Milliarden Euro, der Investitionen in die europäische Verteidigung stärken soll.
In einem gemeinsamen Schreiben an Premierminister Keir Starmer, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Antonio Costa betonen die Verbände ADS, die British Chambers of Commerce und TechUK, dass ein solches Abkommen dringend notwendig sei. Es dürfe nicht an andere noch offene Brexit-Themen gekoppelt werden. Die Industrievertreter sehen in einer Vereinbarung die Chance, Großbritannien aktiv in EU-Verteidigungsprojekte einzubinden und gleichzeitig Europas militärische und technologische Kapazitäten zu stärken.
Ohne Abkommen droht britischen Firmen Ausschluss
Die Forderung der Branche richtet sich gegen Teile des EU-Plans „Readiness 2030“, der gemeinsame Rüstungsprojekte in der EU mit bis zu 800 Milliarden Euro fördern soll. Davon sollen 150 Milliarden Euro über die Finanzmärkte aufgenommen und als Kredite vergeben werden – mit einer klaren Bevorzugung europäischer Anbieter oder Partnerstaaten mit Sicherheitsabkommen.
Fehlt ein solches Abkommen, könnten britische Unternehmen nur eingeschränkt an geförderten Projekten teilnehmen – maximal bis zu einem Drittel des Projektanteils. Länder wie Norwegen oder Island, die bereits kooperieren, wären von solchen Begrenzungen nicht betroffen.
Paris fordert umfassendere Verhandlungen – London setzt auf Einzelabkommen
Großbritannien möchte das Sicherheitsabkommen separat verhandeln. Frankreich und einige andere Mitgliedstaaten drängen hingegen darauf, es in ein Gesamtpaket einzubetten. Dazu zählen ungelöste Fragen wie Fischereirechte, Mobilitätsprogramme für junge Menschen, Bürgerrechte und Lebensmittelsicherheit. Die aktuellen Regelungen zur Fischerei laufen Mitte 2026 aus.
Peter Bell von der Britischen Handelskammer in der EU betonte, dass es angesichts der geopolitischen Lage keine Zeit zu verlieren gebe. Auch Kevin Craven von ADS warnte: „Je länger wir zögern, desto schwieriger wird es, effektiv auf Bedrohungen zu reagieren – obwohl die Ressourcen und die Entschlossenheit vorhanden sind.“
Großbritannien signalisiert Gesprächsbereitschaft – EU prüft noch
Die britische Regierung erklärte, man wolle beim Gipfeltreffen im Mai über eine Vielzahl an Themen sprechen. Gleichzeitig sei man bereit, ein Verteidigungs- und Sicherheitsabkommen mit der EU zu verhandeln. „Großbritannien übernimmt eine Führungsrolle bei der Sicherung Europas und ist offen für eine vertiefte Partnerschaft“, teilte ein Regierungssprecher mit.
Die EU-Kommission bestätigte, dass entsprechende Gespräche erst starten könnten, wenn alle Mitgliedstaaten dem zustimmen. Sprecher Thomas Regnier erklärte zudem, dass zuvor auch rechtliche und institutionelle Abläufe abgeschlossen sein müssten.
Großbritannien schlug kürzlich außerdem einen gemeinsamen Wiederbewaffnungsfonds mit EU-Staaten vor, der über Kapitalmärkte finanziert werden soll. Ziel ist es, Rüstungsbeschaffung zentral zu organisieren und Kosten zu senken. Polen brachte ein ähnliches Modell ein: Der „European Defence Mechanism“ soll es Drittstaaten wie dem Vereinigten Königreich, Norwegen und der Schweiz ermöglichen, sich an gemeinsamen Verteidigungsprojekten zu beteiligen. Beide Vorschläge sollen bald auf EU-Ebene diskutiert werden.