ADHS könnte Lebenserwartung bei Erwachsenen deutlich verringern

by Richard Parks
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Neue Studie deckt besorgniserregende Gesundheitsrisiken auf

Eine neue Studie zeigt, dass Erwachsene mit einer Diagnose von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eine deutlich geringere Lebenserwartung haben könnten als Menschen ohne diese Erkrankung. Experten bezeichnen die Ergebnisse als „bemerkenswert“ und „zutiefst besorgniserregend“ und fordern ein verstärktes Augenmerk auf die Versorgung von Betroffenen.

Die im British Journal of Psychiatry veröffentlichte Studie untersuchte anonymisierte Daten von mehr als 30.000 Menschen mit ADHS im Vergleich zu über 300.000 Menschen ohne diese Diagnose. Die Daten aus den Jahren 2000 bis 2019 zeigen, dass Männer mit ADHS eine um 4,5 bis 9 Jahre verkürzte Lebenserwartung haben, während Frauen mit ADHS eine Reduktion von 6,6 bis 11 Jahren erfahren könnten.

ADHS, eine häufig im Kindesalter diagnostizierte neurologische Entwicklungsstörung, wird oft mit Symptomen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Impulsivität und Rastlosigkeit in Verbindung gebracht. Die Erkrankung bleibt jedoch im Erwachsenenalter häufig unentdeckt und unbehandelt, was weitreichende Konsequenzen haben kann.

Mangelnde Versorgung als Hauptursache

Professor Josh Stott von der University College London, der Hauptautor der Studie, beschrieb die Ergebnisse als alarmierend. „Menschen mit ADHS können mit der richtigen Unterstützung und Behandlung erfolgreich sein. Doch die Realität ist, dass viele Betroffene diese Unterstützung nicht erhalten, was schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Gesundheit und Lebenserwartung hat“, erklärte er.

Die Studie weist darauf hin, dass „veränderbare Risikofaktoren“ wie unbehandelte Symptome von ADHS, psychische Begleiterkrankungen und physische Gesundheitsprobleme eine Schlüsselrolle bei der verkürzten Lebenserwartung spielen. Soziale Ausgrenzung und belastende Lebensereignisse verstärken diese Risiken zusätzlich.

Die Forscher fordern verstärkte Bemühungen, um die Diagnose- und Behandlungsraten bei Erwachsenen mit ADHS zu verbessern, um so langfristig bessere gesundheitliche Ergebnisse zu erzielen.

Experten betonen die Notwendigkeit weiterer Forschung

Unabhängige Experten hoben die Bedeutung der Studie hervor, warnten jedoch, dass viele Fragen noch unbeantwortet bleiben. Professor Kevin McConway, ein Experte für angewandte Statistik an der Open University, erklärte, die Ergebnisse seien zwar bemerkenswert, könnten jedoch nicht direkt als kausale Beweise gewertet werden.

„Die Unterschiede in der Lebenserwartung sind signifikant. Dennoch handelt es sich um eine Beobachtungsstudie, die die komplexen Zusammenhänge zwischen ADHS und anderen gesundheitlichen Faktoren nicht vollständig aufklären kann“, sagte McConway.

Auch Professor Philip Asherson, Experte für Molekularpsychiatrie am King’s College London, betonte, dass ADHS mit einer erhöhten Rate an Rauchen, Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs verbunden sei – alles Faktoren, die die Lebenserwartung reduzieren können. „Der Zugang zu Diagnose und Behandlung ist bei Erwachsenen mit ADHS nach wie vor unzureichend. Dies muss dringend angegangen werden“, fügte Asherson hinzu.

Unterdiagnose verschärft die Problematik

Die Studie zeigt zudem, dass ADHS bei Erwachsenen massiv unterdiagnostiziert wird. Während des Studienzeitraums erhielt nur eine von 300 Personen eine ADHS-Diagnose, obwohl Umfragen darauf hinweisen, dass die tatsächliche Häufigkeit eher bei einer von 30 liegt. Diese Diskrepanz zeigt, dass bis zu 90 % der Erwachsenen mit ADHS möglicherweise keine Diagnose und somit keine notwendige Behandlung erhalten.

Die Forscher warnen, dass die kürzere Lebenserwartung von Betroffenen weiterhin bestehen wird, solange diese Versorgungslücken nicht geschlossen werden. Ein besseres Bewusstsein für die Symptome bei Erwachsenen, verbesserte Diagnosetools und ein einfacherer Zugang zu Behandlungsoptionen könnten die Situation deutlich verbessern.

Die Ergebnisse der Studie rufen nach einem stärkeren Fokus auf die Gesundheitsversorgung von Erwachsenen mit ADHS und betonen die Dringlichkeit, gesundheitliche Ungleichheiten zu beseitigen.

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