Tech-Giganten dominieren die Entwicklung von KI-Normen

by Rudolph Angler
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Ein Bericht der Corporate Europe Observatory (CEO) enthüllt, dass große Technologieunternehmen massiv in die Entwicklung von EU-KI-Standards eingebunden sind. Laut dem Bericht stellen Unternehmen oder Beratungsfirmen mehr als 55 % der Mitglieder im Gemeinsamen Technischen Ausschuss für KI (JTC21). Dieser Ausschuss wurde von den europäischen Normungsgremien CEN und CENELEC gegründet.

Fast ein Viertel dieser Vertreter kommt aus US-Unternehmen, darunter vier Mitglieder von Microsoft und IBM sowie zwei von Amazon. Auch Google ist mit mindestens drei Mitgliedern vertreten. Im Gegensatz dazu stellen zivilgesellschaftliche Gruppen lediglich 9 % der Mitglieder, was Fragen zur Ausgewogenheit und Inklusivität in diesem wichtigen Entscheidungsprozess aufwirft.

Das KI-Gesetz, die erste umfassende Regulierung künstlicher Intelligenz mit einem risikobasierten Ansatz, wurde im August verabschiedet. Um die Umsetzung zu unterstützen, beauftragte die Europäische Kommission CEN-CENELEC und ETSI im Mai 2023 mit der Entwicklung harmonisierter Standards. Diese Standards sollen branchenübergreifend gelten und die Sicherheit von Produkten wie Spielzeug oder medizinischen Geräten gewährleisten.

Kritik an privat gesteuerter Regulierung

Der CEO-Bericht kritisiert, dass die EU-Politik zur KI-Regulierung privaten Organisationen überlassen wurde. „Erstmals werden Standards verwendet, um Grundrechte, Fairness, Vertrauenswürdigkeit und Bias zu adressieren“, erklärte Bram Vranken, Forscher bei CEO.

Normungsgremien legen oft den Fokus auf Prozesse statt auf konkrete Ergebnisse, was die Durchsetzung erschwert, betonte JTC21-Vorsitzender Sebastian Hallensleben. Die CE-Kennzeichnung, die durch die Einhaltung harmonisierter Standards erreicht wird, garantiere nicht, dass ein KI-System frei von Diskriminierung sei.

CEO untersuchte auch nationale Normungsgremien in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden. In diesen Ländern stellen Unternehmensvertreter 56 %, 50 % und 58 % der Mitglieder. Dies zeigt die Dominanz wirtschaftlicher Interessen in der Standardisierung.

Forderung nach schnelleren Normen

Die Europäische Kommission verteidigte ihren Ansatz und betonte, dass die entwickelten Normen geprüft würden, bevor sie im Amtsblatt veröffentlicht werden. Nur Standards, die die Anforderungen des KI-Gesetzes erfüllen, werden zugelassen. Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament können zudem Einspruch gegen vorgeschlagene Standards erheben.

Trotz dieser Maßnahmen besteht Sorge über die Langsamkeit des Prozesses. Ein Beamter der niederländischen Datenschutzbehörde Autoriteit Persoonsgegevens (AP) warnte, dass die Standardisierung beschleunigt werden müsse. „Normalerweise dauert es Jahre, Standards zu entwickeln. Jetzt ist Eile geboten“, erklärte der Beamte.

Jan Ellsberger, Vorsitzender von ETSI, stimmte dem zu und sagte, dass es Monate bis Jahre dauern könne, Normen zu verabschieden. „Die Standardisierung ist freiwillig. Je mehr Unterstützung wir aus der Industrie erhalten, desto schneller können wir arbeiten“, sagte er gegenüber Euronews.

Dieser Bericht verdeutlicht die Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen der dominanten Rolle der Wirtschaft und der Notwendigkeit einer transparenten, rechtzeitigen und fairen KI-Regulierung zu schaffen.

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