Weltweit entstehen neue Kernkraftwerke – eine überraschende Wende für eine Technologie, die vor einem Jahrzehnt rückläufig erschien. Sicherheitsbedenken, hohe Kosten und ungelöste Entsorgungsfragen hatten das Vertrauen in die Kernkraft geschwächt. Doch Klimawandel und wachsender Energiebedarf machen Kernenergie wieder interessant. Viele sehen sie nun als mögliche Lösung für künftige Herausforderungen.
Die Einführung der Kernkraft in den 1950er Jahren begeisterte Regierungen durch ihre hohe Energieeffizienz. Ein Kilogramm Uran lieferte 20.000 Mal mehr Energie als Kohle. Die Vision einer revolutionären Energiequelle war geboren. Doch Unfälle wie Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 erzeugten Ängste und Widerstand. Länder wie Deutschland beschlossen den Ausstieg aus der Kernenergie, was die weltweite Stromproduktion aus Kernkraft bis 2020 um 48 GW reduzierte. Dennoch stieg die Reaktorzahl in China von 13 auf 55, weitere 23 sind im Bau.
Kernenergie im Zeitalter des Klimawandels
Der Klimawandel hat Kernenergie eine neue Bedeutung verliehen. CO₂-Reduktion und Energiesicherheit rücken sie wieder ins Zentrum der Energiepolitik. Südkorea plant neue Reaktoren, Frankreich will acht neue bauen, und die USA streben bis 2050 eine Verdreifachung der Produktion an. Technologiekonzerne wie Microsoft und Amazon setzen ebenfalls auf Atomkraft. Microsoft hat kürzlich einen 20-Jahres-Vertrag mit einem US-Kernkraftwerk geschlossen. Auch die Entwicklung von Small Modular Reactors (SMRs) wird intensiv vorangetrieben. SMRs versprechen flexible und kostengünstige Alternativen zu großen Reaktoren, sind jedoch noch nicht kommerziell erprobt.
Herausforderungen und Perspektiven
Großprojekte wie Hinkley Point C und Plant Vogtle zeigen, dass traditionelle Reaktoren teuer und schwer umzusetzen sind. SMRs könnten diese Probleme mildern, aber die Technologie bleibt unbewiesen. Kritiker wie Professor M.V. Ramana sehen Kernkraft als ineffizient und teuer. Erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft gelten als nachhaltiger und wirtschaftlicher. Ein ungelöstes Problem bleibt die Entsorgung radioaktiver Abfälle. Finnland betreibt das erste Endlager, doch Umweltverbände warnen vor langfristigen Risiken.
Die Zukunft der Kernenergie hängt davon ab, ob sie ihre Probleme lösen kann. Nur dann wird sie in einer klimafreundlichen Energiezukunft eine Rolle spielen.